Chile schießt Weltmeister Spanien raus
Rio de Jainero – Das schier Undenkbare ist eingetreten: Die Vorherrschaft der spanischen Nationalmannschaft hat bei der Fußball-WM in Brasilien ein jähes Ende gefunden. Am Tag, als in Madrid König Juan Carlos abdankte, wurde in Maracana auch die einzigartige Ära der Furia Roja zur Geschichte.
Durch ein 0:2 (0:2) gegen Chile ist der Titelverteidiger bereits nach dem zweiten Spiel der Vorrunde ausgeschieden (DATENCENTER: Der Spielplan der WM 2014).
„Es gibt keine Entschuldigungen. Wir leiden. Das ist ein schwarzer Tag für alle, die mit uns fiebern“, sagte Trainer Vicente del Bosque als erste Reaktion und fügte vernichtend hinzu: „Meine Spieler haben alles gegeben, um das Spiel zu drehen, sie waren nur leider nicht in der Lage dazu.“
Letztes Spiel von Casillas?
Eduardo Vargas (20.) und Charles Aranguiz (43.) hatten die gehemmt, müde und ratlos wirkenden Spanier bereits in der ersten Halbzeit ins Mark getroffen.
„Es ist schwierig zu erklären, was passiert ist“, meinte Spaniens Kapitän Iker Casillas (33), dessen 157. Länderspiel sein letztes gewesen sein könnte. Auch die Ära del Bosque könnte mit diesem Spiel vorbei sein, obwohl der 63-Jährige seinen Vertrag gerade erst bis 2016 verlängert hatte.
„Nun, wenn so etwas passiert bei einer WM, hat das immer Konsequenzen“, sagte er. „Ich brauche jetzt Zeit, um über gewisse Dinge nachzudenken.“
Spanien phasenweise vorgeführt
„Wir haben heute eine Willensleistung gezeigt“, sagte Chiles Alexis Sanchez. „Wir sind eine junge Mannschaft, die hoch hinaus will. Wir waren bereit. Dieser unbedingte Wille zeichnet uns aus.“ (DIASHOW: Die Bilder des Spieltages).
Chile steht nun ebenso bereits im Achtelfinale wie die Niederlande, die zuvor Australien mit 3:2 bezwangen. Oranje hatte die Spanien fünf Tage zuvor beim denkwürdigen 5:1 gedemütigt.
„Das ist der schönste Augenblick der chilenischen Fußball-Geschichte. Wir wollen jetzt Weltmeister werden“, blickte Arturo Vidal euphorisch voraus.
Rat- und planlos
Mit den Triumphen bei der EM 2008 und der EM 2012 sowie bei der WM 2010 war den Spaniern Einzigartiges gelungen – jetzt schrieben sie erneut unfreiwillig Fußball-Geschichte: Nur 1950 (Italien) war der Titelverteidiger schon vor dem Ende der Vorrunde gescheitert.
Auch bei der WM 2010 hatte es den vorzeitigen Sturz des Weltmeisters gegeben: Italien erwischte es damals aber erst im dritten Gruppenspiel.
Unter del Bosque, der die Mannschaft nach dem EM-Titel 2008 übernommen hatte, war die Furia Roja nie zweimal nacheinander als Verlierer vom Platz gegangen.
Del Bosque nimmt Xavi raus
Del Bosque hatte erneut auf das 4-2-3-1-System gesetzt, mit dem seine Mannschaft gegen die Niederlande ins offene Messer gelaufen war. Allerdings nahm er tiefe Einschnitte vor: Del Bosque stürzte das Denkmal Xavi vom Sockel und setzte den Regisseur und Kapitän vom FC Barcelona auf die Bank.
Für ihn spielte Pedro, im Abwehrzentrum verlor Pique seinen Platz an Bayern-Profi Javi Martinez.
Casillas bekam von Beginn an gut zu tun, und sah zumindest beim 0:2 erneut nicht gut aus: Vor dem Treffer von Aragnuiz hatte er dem Torschützen einen Freistoß von Alexis Sanchez vor die Füße geklatscht.
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Chile aggressiv und torgefährlich
Dafür zahlte sich das ständige Gegenpressing der Chilenen aus. Nach einer Balleroberung in der spanischen Hälfte passte Mauricio Isla zu Aranguiz, der bediente Vargas – der Angreifer des FC Valencia umkurvte Casillas und brauchte nur noch einzuschieben.
Danach verteidigte Chile effektiv, den Spaniern fehlten weiter auch zündende Ideen. David Silva und Andres Iniesta hatten große Probleme beim Spielaufbau.
Vor und nach dem 0:2 kamen die überspielt wirkenden Weltmeister immer häufiger einen Schritt zu spät bei Zweikämpfen, mehr und mehr begingen selbst Filigrantechniker wie Iniesta sogar Frustfouls. Bis zum Schluss blieb Spanien harmlos.
„Jetzt wollen wir den Gruppensieg“
Während der enttrohnte Weltmeister nur noch das bedeutungslose Spiel gegen Australien vor sich hat, geht Chile bereits in ein kleines Finale gegen die Niederlande. „Ich bin glücklich. Jetzt wollen wir auch den Gruppensieg“, sagte Trainer Jorge Sampaoli, der unbedingt Brasilien aus dem Weg gehen will.
Gegen die war nämlich bereits 2010 im Achtelfinale Endstation.